An Agilität kommt man im IT-Projektmanagement auch im Laborumfeld heute nicht mehr vorbei. Dipl.-Ing. Georg Strömer, Geschäftsführer Services der LIMS at work GmbH, erläutert, warum das Thema so wichtig ist und worauf man achten sollte.
Was bedeutet „agil“ im IT-Projektmanagement eigentlich?
„Agil“ bedeutet laut Duden „von großer Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig“. Unter agilem Projektmanagement versteht man eine Denk- und Vorgehensweise, die das Management und die Steuerung von Projekten sehr dynamisch und flexibel gestaltet. Diese Eigenschaften sind quasi die Klammer aller agilen Vorgehensweise, Techniken und Methoden, die in den letzten Jahren entwickelt wurden.
Es hat doch bisher auch funktioniert, oder nicht? Warum dieser „neue“ Ansatz?
Klassisches Projektmanagement ist nicht per se obsolet oder ungeeignet. Jedoch hat sich gerade bei großen Projekten gezeigt, dass es nicht immer funktioniert. Insbesondere bei großen Projekten ab 1 Mio. Euro und einer Dauer von mehr als nur wenigen Tagen stößt die klassische Vorgehensweise an ihre Grenzen. Denn bei der der klassischen Methode werden, vereinfacht gesagt, erst alle Schritte von A bis Z detailliert analysiert und geplant, bevor sie dann genau so umgesetzt werden (sollen). Die Erkenntnis zeigt jedoch, dass sich Anforderungen mit der Zeit ändern und Abweichungen vom Plan eher die Regel als die Ausnahme sind. Bei herkömmlichem Projektmanagement führt eine Veränderung der Anforderung fast zwangsläufig zu höheren Kosten oder längerer Projektlaufzeit.
Beim agilen Projektmanagement werden solche Änderungen von vornherein angenommen. Ein Projekt besteht – wieder ganz vereinfacht dargestellt, quasi aus lauter kleinen Teilprojekten, die jedes für sich geplant und schnellstmöglich umgesetzt werden, so dass das große Ganze jederzeit, wenn die Umstände es erfordern und die Anforderungen sich ändern, eine neue Richtung einschlagen kann. Ich gehe also nicht in einem Rutsch von A bis Z, sondern befasse mich erst mit A, analysiere, plane und setze A so schnell wie möglich als Prototyp um, der den Anwendern auch sofort gezeigt wird, befasse mich dann mit B, analysiere, plane und setze um, etc. Mein Z und selbst mein C und D kann sich also noch problemlos ändern, da ich nicht durch- und fertiggeplant habe. Das GoLive erfolgt auch hier natürlich erst, wenn alles fertig ist.
Das Thema Agilität hat in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen, da sich die Erkenntnis durchsetzt, dass „nicht durchgeplant“ nicht „Planlosigkeit“ bedeutet. Statt detaillierter Feinplanungen werden Grobkonzepte erstellt, die übrigens gerade aufgrund der erwarteten Unwägbarkeiten einen besonders erfahrenen Blick für das jeweilige Projekte und weitreichendes Verständnis der Materie erfordern!
Das klassische Projektvorgehen wird auch dadurch erschwert, dass die Auslastung des Personals heute in fast allen Unternehmen deutlich höher ist als noch vor ein paar Jahren. Unternehmen sind heute, was die Personaldecke anbelangt, immer häufiger „auf Kante“ genäht. Das bedeutet, dass Mitarbeiter sich in der Regel gar nicht mehr regelmäßig für mehrere Tage oder gar Wochen am Stück aus ihrem Arbeitsfeld ausklinken können, um sich in klassischen Projektmanagementteams einzubringen. Wenn sie es doch tun, leidet das Projekt darunter, dass Mitarbeiter zwischendurch immer mal wieder zurück ins operative Tagesgeschäft beordert werden müssen. Und jede Unterbrechung bedeutet Zeit- und Konzentrationsverlust, da der Mitarbeiter sich wieder ins Thema einfinden und das Projektteam das vorherige Konzentrationsniveau wieder erreichen muss.
Agile Projekte mit ihren kürzeren „Inkrementen“, also Teilschritten, erlauben es dem Projektteam, sich in den aktiven Projektphasen stärker auf die Mitarbeit zu fokussieren. Denn in einem Projetmeeting, das vielleicht nur halben Tag dauert, ist das Risiko geringer, dass Anliegen im „Tagesgeschäft“ so dringend sind, dass sie eine sofortige temporäre Unterbrechung der Mitarbeit im Projektteam erforderlich machen.
Was müssen Unternehmen beim Einsatz agiler Methoden beachten?
Bei Agilität geht es nicht nur darum, dass bestimmte Techniken eingesetzt werden, es ist tatsächlich eine umfassende kulturelle Veränderung. Dazu gehört auch, dass agile Projekte im Vergleich zu klassischen Verfahren „unsichere“ Projekte sind in dem Sinne, dass eben nicht alles von Anfang feststeht. Darauf muss man sich einlassen können, denn es betrifft auch die Budgets, die schlechter abschätzbar sind.
Ein weiterer extrem wichtiger Punkt ist der hohe Stellenwert der Kommunikation: Man muss intensiv miteinander reden und Programmierer und Fachabteilungen werden sehr schnell zusammengebracht. Das setzt die Einführung entsprechender Tools für den Austausch voraus.
Unternehmen und Mitarbeiter müssen bereit sein, sich auf Neues einzulassen, Verantwortung zu überlassen und zu übernehmen. Das ist auch ein Lernprozess, denn die Arbeit in agilen Teams liegt nicht unbedingt jedem im Blut. Deshalb ist es wichtig, Kompetenzen zu bündeln, Leute zusammenzubringen und zusammenzuhalten, kurz: jedes Projekt professionell zu moderieren.
> Das Gespräch wird nächste Woche fortgeführt. <