Abkürzungsdschungel Labor-IT-Systeme: Von ELN, LES und LIMS
von Dipl.-Ing. Georg Strömer, Geschäftsführer Services, LIMS at work GmbH
Abkürzungen können die Kommunikation vereinfachen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Einigkeit darüber herrscht, wofür die jeweiligen Abkürzungen stehen UND was man unter dem jeweiligen Begriff versteht.
Selbst gängige und seit vielen Jahren genutzte Abkürzungen können zu Verwirrung führen. Im Fall der Labor-IT-Systeme ELN, LES und LIMS trifft das besonders zu, da die Grenzen teilweise verschwimmen und die Systeme zunehmend ineinander übergehen.
Deshalb habe ich nachfolgend kurz zusammengefasst, was diese Systeme ausmacht:
- ELN: Electronic Laboratory Notebook
- LES: Laboratory Execution System
- LIMS: Laboratory Information Management System
In seiner einfachsten Form ist ein elektronisches Laborbuch (ELN) erst einmal ein digitaler Ersatz für das traditionelle Laborbuch aus Papier, in dem Labormitarbeiter alles aufzeichnen (müssen), was mit ihren Versuchen zusammenhängt.
Darüber hinaus bietet ein ELN weitere Möglichkeiten, beispielsweise die Standardisierung von Arbeitsabläufen. So lassen sich beispielsweise Versuche strukturieren, indem Vorlagen so konfiguriert werden, dass für jedes durchgeführte Verfahren mindestens die gleichen Abschnitte ausgefüllt werden, einschließlich der Eingabe der entsprechenden Metadaten. Dies erleichtert die Suche nach und die Korrelation von experimentellen Daten, die im ELN verwaltet werden. Zu den Vorteilen eines ELN zählen neben der grundsätzlichen Effizienzsteigerung die Möglichkeit der Datenanalyse und -visualisierung von großen Mengen erfasster Daten und die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, im Bereich der Forschung beispielsweise mit externen Partnern wie Vertragsforschungsinstitute und Hochschulen.
Ein LES (Laboratory Execution System) bietet Anwendungen zur systematischen Unterstützung und Dokumentation von Labortätigkeiten nach vorgegebenen Arbeitsanweisungen. Man kann ein LES auch als eine spezialisierte ELN-Variante für die Qualitätskontrolle in der Fertigungsumgebung betrachten (wie gesagt, die Grenzen sind fließend). Hier werden in der Regel die gleichen Tests immer wieder durchgeführt. Das erfolgt in der Regel nach standardisierten Vorgehensweisen (SOPs) oder sonstigen Arbeitsanweisungen.
Bei der Qualitätskontrolle kommt es darauf an, die Konsistenz bei der Durchführung von Tests zu gewährleisten und dies auch nachzuweisen. Genau das leistet ein LES. Denn ein LES erzwingt die Ausführung der vorgesehenen Verfahren während des Prüfprozesses. Die SOPs oder Arbeitsanweisungen sind in der Software so gekapselt, dass jeder Schritt des Testprozesses aufgezeichnet wird und, was am wichtigsten ist, sie den Labormitarbeiter erst dann zum nächsten Schritt übergehen lässt, wenn der aktuelle Schritt abgeschlossen ist. Überprüfungen von Standards, Reagenzien oder Lösungen können in Echtzeit durchgeführt werden, während die Probe vorbereitet und getestet wird. Abweichungen, wie z. B. die etwaige Verwendung eines abgelaufenen Reagenzes, können zum Zeitpunkt der Verwendung erkannt und somit verhindert werden.
Böse Zungen schmähen LES als „LIMS für Dummies“ und verkennen dabei, dass der Einsatz eines LES nicht nur ein effizienter Weg zur Fehlervermeidung ist, sondern darüber hinaus auch den in immer mehr Laboren erforderlichen Audit Trail liefert.
Labor-Informations- und Management-Systeme (LIMS) sind Systeme zur Verwaltung von Laborinformationen. Sie unterstützen die Arbeitsabläufe und die Datenverfolgung im Labor und ermöglichen über Schnittstellen den Datenaustausch mit Analysegeräten und anderen Systemen, wie ERP- oder Office-Programmen.
Traditionell sind LIMS-Systeme probenorientiert, d. h. der Schwerpunkt der erfassten und verwalteten Informationen liegt auf der Probe. Probeninformationen werden während des gesamten Lebenszyklus der Probe verfolgt (Probeneingang, Prüfzuweisung, Ergebniserfassung, etc.). Dabei werden auch Metadaten erfasst, wie Details zum Probenahmeort, die für den Test verwendeten Geräte und deren Kalibrierungsstatus, die Qualifikationen des Mitarbeiters, der den Test durchgeführt hat, die für den Test verwendeten Standards, Reagenzien und Lösungen sowie deren Verfallsstatus usw. Außerdem lässt sich mit einem LIMS die Prüfplanung erstellen, die Überwachung der Gerätekalibrierung, und der vorbeugenden Wartung managen und das gesamte Inventar verwalten. Ein LIMS kommt auch zum Einsatz, wenn es um die automatische Überprüfung der Ergebnisse anhand der gespeicherten Spezifikationen geht und kann die Überprüfung, Genehmigung, Berichterstattung und Verteilung der Prüfergebnisse für eine Probe übernehmen.
Zielsetzung bei der Einsetzung eines LIMS sind die Steigerung von Produktivität und Effizienz, die Verbesserung der Compliance und der Datenintegrität sowie die zentrale Speicherung von Probeninformationen. In einer Produktionsumgebung können die in einem LIMS gespeicherten Qualitätsergebnisse dazu verwendet werden, den Herstellungsprozess selbst zurückzuverfolgen.
All-in-One: Elektronisches Laborinformationsmanagementdurchführungsbuch (ELMIEN) als Zukunftsmodell?
Bei den verschiedenen Systemen, die zur Verfügung stehen, gibt es seitens der Anbieter Bestrebungen, eine einheitliche, übergreifende Lösung zu schaffen. Viele Anbieter von ELN, LES und LIMS versuchen, eine einzige Plattform zu schaffen, die alle Laborabläufe von der Forschung bis zur Produktion umfasst.
So haben viele LIMS-Anbieter den Leistungsumfang ihrer Produkte so erweitert, dass sie sowohl eine ELN-Version als auch LES-Funktionen enthalten. ELN-Anbieter wiederum haben LIMS-ähnliche Funktionen wie Bestandsmanagement, Probenmanagement usw. integriert.
Die ELN-Anbieter bewegen sich also vom Forschungsbereich in Richtung Fertigung, während die LIMS-Anbieter LES einbauen und mit dem Versprechen echter ELN-Funktionen in Richtung Forschung drängen. Aus diesen unterschiedlichen Herkunftsbereichen ergeben sich in vielen Fällen auch unterschiedliche Stärken der Systeme. Es gibt nicht das eine System, das grundsätzlich und immer allen anderen überlegen ist.
Ausschlaggebend bei der Wahl eines Systems ist außerdem nicht nur das, was das System bietet, sondern auch das, was man braucht. Die eierlegende Wollmilchsau mag theoretisch ein interessantes Konstrukt sein, aber wenn ich nur Wolle brauche, bezahle ich im Zweifelsfall für Features, die mir nichts bringen.
Um die für das eigene Laborumfeld am besten geeignete Lösung zu finden, ist nicht das Kürzel, das die Lösung im Namen trägt, entscheidend: Die Ausarbeitung eines detaillierten Pflichtenhefts und die genaue Überprüfung der jeweiligen Systemleistungen anhand der eigenen Aufgaben, Abläufe und Geräteanbindungen bleibt unverzichtbar.