BioRiverIm mittlerweile 8. Arbeitskreistreffen IT im BioRiver e.V., bei dem die Teilnehmer am 09. November 2021 wieder online dabei sein konnten, ging es um IT-gestützte Stabilitätsprüfungen.

 

 

Stabilitätstests, die der Bestimmung von Haltbarkeiten bzw. Verfalldaten von pharmazeutischen Produkten, Kosmetika und Lebensmitteln dienen, sind eine wesentliche Komponente der Qualitätssicherung.

Die hohe Relevanz von Stabilitätsprüfungen zeigt sich am Beispiel des Covid-19-Impfstoffs von BioNTech: Galt der Impfstoff zu Beginn der Pandemie als quasi nicht transportier- und lagerbar, gab es immer neue Erkenntnisse zur Lagerfähigkeit und den benötigten Lagerbedingungen. Vom ersten Extrem, einer Lagerung bei -70°C über Gefrierschranktemperaturen von -15°C gelten für die Lagerbarkeit aktuell Kühlschranktemperaturen, wie sie ein Standard-Praxiskühlschrank bietet. Diese Erkenntnisse mit ihren massiven Auswirkungen auf den Fortschritt der Impfkampagne stammen allesamt aus Stabilitätsuntersuchungen, die aufgrund der Notfallzulassung zu Beginn der Pandemie noch nicht vorliegen konnten.

In zwei Vorträgen wurden die allgemeinen Eckpunkte für Stabilitätsstudien und -prüfungen kurz vorgestellt und skizziert, wie sich die Herangehensweise und Umsetzung in der Praxis mit IT-Unterstützung entsprechend regelkonform gestalten und vereinfachen lässt.

 

Komplexe Einflussfaktoren und internationale Regelwerke

Sehr anschaulich erläuterte Dr. Steven Watt, Business Developer bei A&M STABTEST Labor für Analytik und Stabilitätsprüfung GmbH, wie komplex das Zusammenspiel unterschiedlichster Faktoren ist, die den Lebenszyklus und damit die Haltbarkeit, also die „Stabilität“ von Pharma-Produkten bestimmen. So spielen beispielsweise neben der Darreichungsform und den Packmitteln auch die Distributionswege und Lagerung eine wichtige Rolle.

Wie er in einem kurzen historischen Exkurs ausführte, gab es bis in die 1970er Jahre keine verbindlichen Leitlinien für entsprechende Stabilitätsprüfungen. Es war Sache des Antragstellers, den Umfang der Studien zu konzipieren und zu begründen. In den 80er-Jahren gab es erste Bestrebungen mit dem Ziel, den Umfang der Stabilitätsprüfung zu standardisieren: Die Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e.V. (APV) veröffentlichte 1985 eine erste Richtlinie zur „Stabilitätsprüfung von Arzneimitteln“. Auch auf EU-Ebene war das Ziel, die regulatorischen Anforderungen für die Zulassung von Arzneimitteln zu harmonisieren, hier erfolgte 1989 die Veröffentlichung der „EC Guideline Stability Testing on Active Ingredients and Finished Products“. Ebenso gaben die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA und die japanischen Gesundheitsbehörden entsprechende nationale Leitlinien heraus. 1990 konstituierte sich in Brüssel der Lenkungsausschuss für die erste Internationale Harmonisierungskonferenz (International Council for Harmonisation, ICH).

Heute regelt die ICH regelt in ihren Mitgliedsstaaten die meisten Aspekte der Analyse, der Herstellung und der allgemeinen Qualitätsanforderungen an Arzneimittelwirkstoffe und Arzneimittelprodukte; dazu gehören auch die Anforderungen an die Stabilitätsprüfungen. In der EU werden die ICH-Leitlinien als EU-Leitlinien umgesetzt, das bedeutet, dass sie zwar nicht verbindlich sind, Abweichungen jedoch begründet werden müssen.

Allgemein formuliert geht es bei Stabilitätsprüfungen darum, die zugesicherte Haltbarkeit, bzw. Qualität eines Präparates oder eines Produkts zu prüfen und zu bestätigen. Dazu werden in bestimmten Zeitabständen Proben untersucht, die unter festgelegten Bedingungen gelagert werden. Dabei sei jede Stabilitätsstudie und jeder Prüfplan im Grunde eine Maßanfertigung, die abhängig von Produkt und Projektphase ein auf die spezifischen Anforderungen abgestimmtes Spektrum an klimatischen Bedingungen sowie physikalischen, chemischen und mikrobiologischen Prüfungen umfasst.

Dazu gehört weit mehr als einen Verfallszeitpunkt nachzuhalten, wie die von Dr. Watt vorgestellte Liste der Herausforderungen deutlich machte: Von der pünktlichen Probenentnahme über die Kapazitäts- und Ressourcenplanung, Lagerhaltung und Probenverfolgung, Dokumentation bis hin zur Datenintegrität.

 

Herausforderungen

An diese Punkte aus der Testpraxis knüpfte Georg Strömer, Geschäftsführer der LIMS at work GmbH, mit seinem Vortrag an und skizzierte, wie IT-Lösungen dabei helfen, die genannten Herausforderungen zu meistern. Sei es im wie von Dr. Watt geschilderten besonders strikt geregelten Pharma-Umfeld oder in anderen Branchen.

Workflow Stabilitätsprüfungen

Er ordnete sie einem Ablaufdiagramm der Stabilitätsprüfung zu und zeigte anhand von Screenshots verschiedener LIMS-Softwarelösungen, wie die entsprechenden Abläufe und Aufgaben in einer Software organisiert sein können. Von der automatischen Probenerfassung bei der Einlagerung über die pünktliche Entnahme und Durchführung der entsprechenden Prüfungen und Dokumentation. Rollenbasierte Zugriffsrechte sorgen für effiziente und anwenderfreundliche Unterstützung der Mitarbeiter.

Auch die Kapazitätsplanung wird erleichtert: So kann man beispielsweise den Prüfmethoden eine Dauer zuordnen und das System berechnet die insgesamt benötigte Zeit und „reserviert“ die benötigten Geräte; auch die entsprechend befähigten Mitarbeiter können zugeordnet werden.

Als besondere Vorteile einer IT- bzw. datenbankgestützten Lösung nannte Georg Strömer die übersichtliche Organisation und Darstellung aller Dokumente bis hin zum finalen Stabilitätsreport. Prüfergebnisse lassen sich automatisch erfassen und zusammenführen, auch alle Änderungen werden dokumentiert, so dass ein revisionssicherer Audit Trail zur Verfügung gestellt wird. Das bedeutet, dass sich die gesamte richtliniengerechte Verwaltung und Dokumentation mithilfe von IT-Lösungen deutlich vereinfachen lasse. Mit Hinblick auf Dokumentations- und Aufbewahrungsfristen hob er die Bedeutung offener Datenbankstrukturen hervor.

 

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